Fotografieausstellung „THE DAY WILL COME WHEN MAN FALLS“
FotoHamburgRezension 30. August 2015 Mario Lüder
Ein Poster über dem Eingang des Hauses der Photographie in Hamburg zeigt einen adrett gekleideten, lächelnden Mann in Sakko und mit Fliege, scheinbar auf dem Zenit seiner Zeit. Links neben seinem Kopf steht in fetten Lettern „THE DAY WILL COME WHEN MAN FALLS“. Es ist der Titel einer Ausstellung in den Deichtorhallen, die noch bis zum 6. September läuft. Der Mann auf dem Bild und der Künstler, dessen Werke ausgestellt werden, sind dieselben: Phillip Toledano.
Der 1968 in London geborene und seit mehr als zwanzig Jahren in New York lebende Mann arbeitet erst seit 2001 als freier Fotograf. Zuvor hatte er einen Job in der Werbeindustrie, den er für seine Leidenschaft aufgab. Er verfolgt oft seine Ideen über viele Jahre. Filmfotografie und Paparazzi-Fotografie Stile beeinflussen seine Arbeiten.
Die Kuratorin Dr. Sabine Schnakenberg hat aus seinem Schaffen 6 Bildserien, herausgesucht die aufeinander aufbauen und miteinander verknüpft sein sollen. Für sie ist seine Art zu fotografieren nicht neu, aber die emotionale Nähe. Sie sagt: „Er lässt die empfundenen Emotionen beim Betrachter ankommen.“
Die Webseite der Deichtorhallen beschreibt die Themen des Künstlers so: „Alter und Abschied, verschüttete und ans Tageslicht gezerrte Erinnerungen, gesellschaftliche Isolation, die Möglichkeiten, der Sterblichkeit mit Hilfe medizinisch-technischen Fortschritts zu trotzen“.
Insgesamt zeigt die Ausstellung 160 Arbeiten, 6 Kurzfilme und einen Dokumentarfilm. Pointierte Texte ergänzen einige Bilder. Daneben werden Werke aus der Sammlung F.C. Gundlach von 40 international bekannten Fotografen unter dem Motto „Das Bild des Menschen in der Fotografie“ ausgestellt.
Die Bilderserie „Days with my father“ (2006 – 2009) geht unter die Haut. Nachdem Phillip Toledanos Mutter gestorben war, sah er sich plötzlich mit einem Pflegefall konfrontiert, seinem Vater, der kein Kurzzeitgedächtnis mehr hatte. In der Folgezeit fotografierte er sein Leben bis er starb. Mal sind die Bilder unscharf, mal blass und dann auch wieder scharf und klar. So spiegelt die filmisch angelegte Serie den Zustand des Vaters wider. Einfühlsame Texte, Anekdoten, Erinnerungen und Erklärungen, begleiten die Bilder, die wie eine Liebeserklärung an seinen Vater erscheinen.
„A New Kind of Beauty“ (2008-2010) thematisiert das Aufhalten des Alterns. Ohne jede Ironie zeigt Phillip Toledano Menschen, die sich durch Schönheitsoperationen umgestalten ließen. Zu sehen sind abstoßende Skulpturen mit aufgeblasenen Lippen, Portraits die an Wasserleichen erinnern, mal stolze und mal depressive Köpfe, gefüllt mit Botox. Irritierend und faszinierend zugleich.
Toledano stellt sich seinen Zukunftsängsten mit der Serie „Maybe“ (2015). Er zeigt Visionen von sich selbst: Wie er alt wird, krank ist, seinen Job verloren hat, seine Familie nicht mehr da ist und andere Schicksalsschläge. Mit Hilfe von professioneller Gesichtsprothetik und Schauspielunterricht gelingen ihm realistische und zu gleich erschreckende Bilder seines zukünftigen Lebens.
Auch die anderen Serien lassen die Besucher mitleiden, mitfühlen und beleuchten das Verborgene. Die Sammlung von F.C. Gundlach hingegen lenkt ab. Es sind starke Bilder, allerdings lassen sie sich thematisch schwer mit den Werken von Phillip Toledano verbinden. Dennoch: Ein Besuch lohnt sich, den die Ausstellung ist ein sehr berührendes Erlebnis.
Eintrittspreis: Normal: 10 Euro, Ermäßigt: 6 Euro, Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag: 11 − 18 Uhr